Geschäftslage: Unternehmen blicken wieder skeptisch in die Zukunft

18. Januar 2023 Drucken
Geschäftslage: Unternehmen blicken wieder skeptisch in die Zukunft
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Die Geschäftslage hat sich bei den heimischen Unternehmen nach einem kurzfristigem Hoch wieder eingetrübt. Zwei von drei Unternehmen gehen davon aus, dass sich die Situation in den nächsten sechs Monaten verschlechtert. Das sind Ergebnisse einer Studie Beratungsorganisation EY.

Herausforderungen wie die Ukraine-Krise, die angespannte Situation auf den Energiemärkten oder der anhaltende Fachkräftemangel haben sich spürbar auf die heimischen Unternehmen ausgewirkt: So bewertet nur jedes zweite Unternehmen (51 %) die eigene aktuelle Geschäftslage als rundum positiv. Nichtdestotrotz sehen die heimischen Unternehmer:innen ihre derzeitige Geschäftslage aktuell aber deutlich besser als in den Vorjahren, als COVID-19 noch die Wirtschaft hemmte. Der Anteil jener Unternehmen, die ihre Situation als uneingeschränkt positiv betrachteten, lag 2021 nur bei 37 Prozent.

Zu Jahresbeginn 2021 bezeichneten immerhin 28 Prozent der Unternehmen die eigene Geschäftslage als sehr schlecht (11 %) oder eher schlecht (17 %) – also mehr als doppelt so viele wie aktuell. Derzeit tun dies nur mehr zwölf Prozent der Unternehmen. 

Industrie und Finanzdienstleister zufrieden

Je nach Branche gestaltet sich die Einschätzung jedoch unterschiedlich: Dieses Jahr sind insbesondere die Industrie (60 %) sowie Finanz- und andere Dienstleister (59 %) mit den Ergebnissen zufrieden. Der Tourismus-Sektor schätzt im Gegensatz dazu seine aktuelle Geschäftssituation deutlich weniger erfreulich ein: Nur 43 Prozent der heimischen Betriebe nehmen ihre Lage in dieser Branche als positiv wahr. Stark betroffen ist auch der Bereich Soziales, Wissenschaft, Bildung und Kultur, der die Geschäftslage nur zu 35 Prozent mit „gut“ bewertet. 

Österreichs Unternehmen blicken in Summe eher skeptisch in die Zukunft, die Geschäftsaussichten und der Optimismus nach dem Corona-bedingten Tief haben sich spürbar eingetrübt: Gut jeder vierte Betrieb (26 %) rechnet für die kommenden sechs Monate mit einer Verschlechterung der eigenen Geschäftslage, das sind mehr als doppelt so viele wie vor einem Jahr (10 %). Gleichzeitig geht nur noch jeder fünfte Befragte (20 %) von einer Verbesserung der eigenen Geschäftslage aus – vor einem Jahr lag der Anteil bei 33 Prozent. Noch schlechter als derzeit waren die Geschäftserwartungen der Unternehmen zuletzt im November 2008, auf dem Höhepunkt der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise (36 %). 

„2022 war für Österreichs Unternehmen wieder ein herausforderndes Jahr. Die Auswirkungen der Pandemie, die Energieverknappung und in der Folge die hohe Inflation haben vielen Unternehmer:innen zu schaffen gemacht. Dennoch ist die Geschäftslage in Summe weitaus optimistischer als das während dem Pandemie-Hoch der Fall war. Viele Unternehmen haben in den letzten Jahren gelernt agil zu sein, ihre Geschäftsmodelle anzupassen und trotz der großen Unsicherheiten, die die Wirtschaft aktuell durchlebt, strategisch stets vorauszudenken und sich für die Zukunft zu rüsten“, kommentiert Erich Lehner, Managing Partner Markets und Verantwortlicher für den Mittelstand bei EY Österreich, die Ergebnisse.

Ukraine-Krieg: Gestiegene Energiekosten und Lieferketten-Probleme

Die heimischen Betriebe sind von der andauernden Ukraine-Krise nicht verschont geblieben, die negativen Folgen wirken sich deutlich aus: Beinahe zwei Drittel (65 %) der Unternehmen in Österreich berichten über gestiegene Energiekosten, etwas weniger (44 %) waren mit Problemen in der Lieferkette konfrontiert. Umsatzrückgänge verzeichneten 17 Prozent, ungefähr ebenso viele eine Rückläufigkeit von Anfragen und Bestellungen (16 %). Jedes sechste Unternehmen (17 %) hat jedoch keine Auswirkungen durch die Ukraine-Krise gespürt.

„Die Situation ist in vielen Branchen sehr angespannt. Die vermehrten Ausgaben für Energie treffen fast alle Unternehmen. Die Industrie leidet vor allem unter Lieferengpässen und schwankenden Rohstoffpreisen. Die Marktpreise sind im Frühjahr 2022 erheblich gestiegen, haben sich dann stabilisiert und sind im Sommer wieder auf Vorkriegsniveau gesunken. Dennoch gestaltet sich der Markt weiterhin volatil,“ erklärt Lehner. 

Zustimmung zu österreichischer Standortpolitik gesunken

Generell stellen Österreichs Betriebe der heimischen Standortpolitik kein gutes Zeugnis aus: 41 Prozent bewerten diese negativ ¬– das ist die höchste Unzufriedenheit seit Beginn des Untersuchungszeitraums 2015 (35 %). Gegenüber dem Vorjahr hat sich der Wert von 19 Prozent sogar mehr als verdoppelt. Gleichzeitig vergibt nur mehr jedes sechste Unternehmen eine positive Note, so wenige wie seit 2017 (15 %) nicht mehr. Noch vor drei Jahren, im Jänner 2020, bekundeten 42 Prozent der befragten Unternehmen ihre Zustimmung zur nationalen Standortpolitik.

Gefahrenranking: Fachkräftemangel erneut an der Spitze 

Der größte Stolperstein für den eigenen Betrieb ist aus Sicht der Befragten wie schon im Jahr zuvor der Fachkräftemangel. Bereits 67 Prozent betrachten die schwierige Suche nach qualifiziertem Personal als größtes Risiko (2022: 61 %). Stark gestiegen ist auch die Sorge über die hohen bzw. stark schwankenden Energiepreise (von 44 auf 66 %) sowie die Rohstoffpreise (von 49 auf 61 %). Auch die Inflation verursacht den Unternehmer:innen Kopfzerbrechen, ebenso Probleme in der Lieferkette. Weniger Gefahr für Unternehmer:innen stellt der Klimawandel dar, nur 29 Prozent sehen ihre Geschäfte dadurch bedroht. 

„Auch nach dem Höhepunkt der Corona-Pandemie gab es für viele Unternehmen kein Aufatmen, denn 2022 war für die heimischen Betriebe nicht minder herausfordernd. Der enorme Fachkräftemangel, die steigenden Energiepreise oder die hohe Inflation lässt sie nur verhalten in das nächste Jahr blicken,“ so Lehner.