„Das Abbremsen der Insolvenzdynamik deckt sich mit den Signalen, die wir von der Wirtschaft bekommen“, sagt Gudrun Meierschitz, Vorständin bei Acredia. „Die Lieferkettenproblematik hat sich zuletzt entspannt und die Inflation sinkt langsam. Dennoch rechnen viele Unternehmen mit sinkenden Margen. Besonders die hohen Energiepreise und der enge Finanzmarkt sorgen für Kopfzerbrechen.“
Steigenden Kosten des Wareneinsatzes und der Löhne belasten die Profitabilität der Unternehmen zusätzlich. Besonders gefährdet sind das Bau- und Baunebengewerbe, der Handel sowie die Tourismusbranche. „Speziell Unternehmen mit hohen Lagerbeständen ächzen unter den Kosten, die durch die Kapitalbindung entstehen“, so Meierschitz. „Zudem droht kapitalschwachen Unternehmen angesichts des Marathons bei der Zinswende die Luft auszugehen.“
Neuerlicher Schub an Firmeninsolvenzen erwartet
Während die Insolvenzdynamik in Österreich abnimmt, steigt sie weltweit an. Nach einem Plus von 17 Prozent im letzten Jahr, wird für 2023 ein weltweiter Zuwachs von 21 Prozent bei den Firmenpleiten erwartet. Damit liegt das weltweit prognostizierte Insolvenzniveau 2023 noch unter dem Wert von 2019 (-5 Prozent vs. 2019). Österreich hingegen wird voraussichtlich darüber liegen (+6 Prozent vs. 2019). Nach einem weiteren Schub um plus vier Prozent im Jahr 2024 sollte sich dann auch das globale Insolvenzgeschehen weitgehend normalisiert haben.
In Europa ist der Anstieg bei den Firmeninsolvenzen mit rund plus 24 Prozent ausgeprägter als im weltweiten Durchschnitt. Das liegt vor allem an den stark steigenden Zahlen in den Niederlanden (+52 Prozent), Frankreich (+41 Prozent), Irland (+30 Prozent) und Italien (+25 Prozent). Viele europäische Länder überschreiten das Vorkrisenniveau bereits 2023 deutlich, allen voran Spanien (+75 Prozent gegenüber 2019), Großbritannien (+29 Prozent vs. 2019), Dänemark, Irland und die Schweiz (+18 Prozent vs. 2019) sowie Frankreich (+15 Prozent vs. 2019).
„Österreich steht im europäischen Vergleich gut da“, sagt Meierschitz, „der Anstieg bei den Firmenpleiten dürfte dieses Jahr niedriger ausfallen als zuletzt. Allerdings hat sich die Insolvenzdynamik inzwischen an das weltweite Geschehen angeglichen. Ein Grund zur Panik ist es nicht – ein Anlass zur Vorsicht und zu einem noch sorgfältigeren Debitoren- und Liquiditätsmanagement allerdings schon.“