EU-Mercosur-Vertrag könnte Abholzung verstärken

29. Juni 2023 Drucken
EU-Mercosur-Vertrag könnte Abholzung verstärken
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Während sich in Buenos Aires die Verhandlungsführer rund um den umstrittenen EU-Mercosur-Vertrag heute und morgen treffen, haben die europäischen Grünen ihre Ablehnung des geplanten Handelsabkommens mit einer Studie untermauert.

Demnach drohe bei Umsetzung des Mercosur-Abkommens eine zusätzliche Abholzung in den folgenden fünf Jahren von 620.000 bis 1,25 Millionen Hektar (in etwa die Fläche Tirols), so das Institut de l’Élevage, das die Studie im Auftrag der Grünen durchgeführt hat. Ein wichtiger Grund für die verstärkte Abholzung sei die erwartete Ausweitung der Fleischproduktion in den Mercosur-Staaten (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay). Bei einem Inkrafttreten des Handelsabkommens könnten die Importe von Rindfleisch aus dem südamerikanischen Staatenbund in die EU bis 2030 zwischen 23 und 52 Prozent ansteigen, so die Studie. Die Importe von gefrorenen Geflügelstücken aus Brasilen nach Europa würden zudem auf 180.000 Tonnen pro Jahr steigen. Auch steigende Exporte von Zucker, Soja und Ethanol dürften die Nachfrage nach Anbaufläche erhöhen.

Mercosur-Abkommen „neutralisiert Umweltpolitik“

Mit dem Abkommen würden die umweltpolitischen Bemühungen in Europa neutralisiert. „Dem Klima ist es wurscht, ob die Emissionen in Brasilien sind oder bei uns“, sagte der EU-Abgeordnete der österreichischen Grünen, Thomas Waitz bei der Präsentation der Studie in Wien. Ein Problem seien vor allem die wesentlich schwächeren Produktionsstandards in diesen Ländern (wobei Uruguay eine Ausnahme bilde). Das betreffe unter anderem den Einsatz von Pestiziden und Antibiotika. „Wir können nicht auf der einen Seite die Produktionsstandards für unsere landwirtschaftliche Betriebe in die Höhe treiben und auf der anderen Seite Markt öffnen für Produkte, die diese Standards in keiner Weise erfüllen.“

Milchprodukte gehörten dann zu den Agrarwaren, von den erwartet wird, dass sie durch das Abkommen stärker von der EU in die Mercosur-Staaten exportiert werden, so die grüne Nationalratsabgeordnete Olga Voglauer. Gerade Familienbetriebe in Südamerika könnten laut der Studie unter höheren Käse-Importen aus der EU leiden. Auch in der heimischen Landwirtschaft sieht Voglauer eher die kleinen Betriebe unter den Leidtragenden des geplanten Abkommens. Die Abgeordnete erinnerte auch daran, dass die Bundesregierung laut einem Beschluss im EU-Unterausschuss des Nationalrats 2019 zu einem „Nein“ zum Abkommen verpflichtet ist.

Bedenken in Bundesregierung

Die Studie bestätige seine Bedenken, heißt es dann von Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) in einer schriftlichen Reaktion. „Nach wie vor gibt es seitens der EU-Kommission aber noch immer keine aussagekräftigen Antworten zu Importkontrollen oder Schutzmaßnahmen vor Wettbewerbsverzerrungen. Auch eine lückenlose EU-Herkunftskennzeichnung fehlt“, so Totschnig.

Die Initiative Oekoreich spricht dann von einem „kranken Kreislauf“. Mit dem Abkommen werde die europäische Mitschuld an Verbrechen gegen Menschen, Tiere und Umwelt in eine vertragliche Form gebracht. „Wir brauchen vielmehr neue Abkommen und Gesetze, die dafür sorgen, dass unter Missachtung von Menschenrechten und Umweltstandards erzeugte Produkte und Rohstoffe nicht mehr in die EU importiert werden dürfen“, schreibt der Sprecher der Initiative, Sebastian Bohrn Mena, in einer Aussendung. (APA/red)