Agrarbetriebe: Einkommen zogen 2022 kräftig an

13. September 2023 Drucken
Agrarbetriebe: Einkommen zogen 2022 kräftig an
@ APA/dpa

Die infolge der Turbulenzen an den Märkten stark gestiegenen Güterpreise haben die Einkommen der österreichischen Bäuerinnen und Bauern im vergangenen Jahr in die Höhe schnellen lassen.

2022 beliefen sich die Gewinne der Agrarbetriebe laut „Grünem Bericht“ auf durchschnittlich 45.757 Euro, das entspricht einem Plus von 42 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für die Agrarier ist es das höchste Einkommensplus seit vielen Jahren. Der „Grüne Bericht“ wird jährlich vom Landwirtschaftsministerium erstellt. Dieser soll einen Überblick über die Situation der österreichischen Agrarbetriebe geben, unter anderem über deren Einkommenssituation, die auf Basis der Ergebnisse von rund 2.000 Betrieben erhoben wird. Den wesentlichen Impuls für den darin ausgewiesenen Gewinnzuwachs gaben die hohen Erzeugerpreise, das sind jene Preise, die Produzenten für ihr Ware verlangen können. Mit den Erzeugerpreisen lässt sich auch ein höherer Produktionswert der Landwirtschaft im Jahr 2022 begründen: Dieser stieg gegenüber der Vergleichsperiode um 23,3 Prozent auf rund 13,5 Mrd. Euro.

Grund zur Euphorie geben die Zahlen für viele Agrarbetriebe jedoch nicht, wie der Sektionschef für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung im Landwirtschaftsministerium, Johannes Fankhauser, bei einem Pressegespräch anlässlich der Veröffentlichung des Berichts bemerkte. Das Einkommensplus sei zwar erfreulich, man müsse aber bedenken, dass dieses auf viele Jahre der Stagnation bzw. teilweise sogar auf Einbrüche folge. Außerdem hätten sich die Aussichten für die Betriebe in den vergangenen Monaten wieder eingetrübt, verwies er auf die Entspannung auf den Märkten sowie die daraufhin gesunkenen Erzeugerpreise.

Agrarbetriebe mit hohen Einkommensschwankungen

Dass die Einkommen im Agrarsektor im langjährigen Vergleich starken Schwankungen unterliegen, betonte auch Franz Fensl, Experte für Agrarökonomie bei der Steuerberatungsgesellschaft LGB Österreich. So wurden zwischen 2012 und 2015 jeweils Rückgänge im Bereich von 5 bis 15 Prozent verzeichnet, ehe die Gewinne 2016 und 2017 um etwas mehr als 10 Prozent zulegten. Nach einem neuerlichen Minus im Jahr 2018 folgte eine Phase der Stagnation, 2021 gab es dann erstmals wieder ein Plus von 15 Prozent. Inflationsbereinigt lagen die Gewinne daher im vergangenen Jahr – Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sind nicht einberechnet – in etwa auf dem Niveau von 2011. Unterstützend wirkten die Subventionen der öffentlichen Hand: Pro Betrieb lagen diese zuletzt bei gut 22.700 Euro.

Hervorgehoben wurde seitens des Ministeriums der Beitrag der Agrarwirtschaft zum Klimaschutz. So würden in Österreich mehr als 80 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe und Flächen unter das Agrarumweltprogramm (ÖPUL) fallen, das unter anderem Leistungen für biodiversitätsförderende Bewirtschaftung vorsieht. Darüber hinaus seien mit der Umsetzung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) ab 2023 die Maßnahmen zur Erhöhung der Umweltwirkung von Direktzahlungen intensiviert worden, so Thomas Neudorfer, stellvertretender Abteilungsleiter für Agrarumwelt im Ministerium.

Von einer „Achterbahnfahrt“ in Bezug auf die Einkommen sprach Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger gegenüber der APA in einer Aussendung. Für heuer zeichne sich bereits eine weitere Talfahrt ab. „Deshalb besteht nach dem Einkommensplus kein Grund zum Jubeln, die aktuelle Entwicklung gibt vielmehr Anlass zur Sorge.“ Ähnlich der Präsident des ÖVP-Bauernbunds, Georg Strasser: „Der Grüne Bericht 2023 zeigt eine notwendige Korrektur der bäuerlichen Einkommen nach Jahren der Stagnation. Hohe Preise für Betriebsmittel und Energie bei gleichzeitig sinkenden Erzeugerpreisen bringen uns bereits jetzt wieder unter Druck.“

Aus Sicht von SPÖ-Landwirtschaftssprecherin Elisabeth Feichtinger zeigen die Daten, dass die Schere zwischen den großen und kleinen Betrieben „dramatisch“ aufgehe. „Das untere Viertel der Betriebe hat im Durchschnitt einen Verlust zu verschmerzen, das obere Viertel der größeren Betriebe hat eine Einkommenssteigerung, die unglaublich hoch ist“, wurde sie in einer Aussendung zitiert. Die „ÖVP-Agrarlobby“ habe zudem die Krisensituation ausgenutzt, „um jenen zu viel nationale Fördergelder in Millionenhöhe zukommen zu lassen, die auch so ein ausreichend hohes Einkommen erwirtschaftet hätten“.

Kritik kam auch von der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Sie stößt sich vor allem daran, dass im aktuellen Bericht auf eine transparente Darstellung von Daten zum Einsatz von Pestiziden wie Glyphosat verzichtet worden sei. „Der grüne Bericht ist mehr als lückenhaft. Landwirtschaftsminister Totschnig möchte das Risiko von gefährlichen Pestiziden für Menschen, Tiere und Natur unter den Teppich kehren“, so Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Sebastian Theissing-Matei in einer Mitteilung. Das Landwirtschaftsministerium wies in einer Reaktion auf die Online-Veröffentlichung des Berichts hin. Alle Tabellen würden wie in den vergangenen Jahren digital unter vollumfänglich zur Verfügung stehen. (APA/red)