WIFO: Wintertourismus übertrifft Erwartungen, Industrie und Baubranche pessimistisch

13. September 2023 Drucken
WIFO: Wintertourismus übertrifft Erwartungen, Industrie und Baubranche pessimistisch
© AdobeStock/m.mphoto

Im Frühjahr 2023 hat sich die Konjunktur weiter abgekühlt. Die regionalen Konjunk­turindikatoren zeigen zwar unterschiedliche Ergebnisse, insgesamt ist die nachlassende Dy­namik jedoch deutlich erkennbar.

Im Vergleich zum Vorjahr wies die Industrie im Frühjahr 2023 zwar noch ein geringes positives Wachstum von +0,4 Prozent auf, gegenüber dem Vorquartal sank es jedoch bereits um –0,4 Prozent). Der Produktionsindex zur Herstellung von Waren entwickelte sich zuletzt ebenfalls leicht rückläufig, in Österreich aber immer noch deutlich günstiger als im Durchschnitt der EU 27. Laut WIFO-Kon­junkturtest schätzten die heimischen Industrieunternehmen die aktuelle Geschäftslage zuneh­mend negativ ein.

Während die Unternehmen zu Jahresbeginn noch Material‑, Kapazitäts- oder Arbeitskräftemangel als wichtigste Produktionshemmnisse nannten, wurden diese nun von der mangelnden Nachfrage als drängendstes Produktionshemmnis abgelöst. Der Bundeslän­dervergleich zeigt ein breites Spektrum an Wachstumsraten der nominellen abgesetzten Pro­duktion (zwischen +0,9 Prozent in Vorarlberg und +20,5 Prozent in Salzburg). Die Beschäftigung in der Indust­rie entwickelte sich dennoch weiterhin robust: Sie trug im I. Quartal 2023 in allen Bundesländern außer Vorarlberg positiv zum gesamten Beschäftigungswachstum bei.

Bauinvestitionen weiter rückgängig

Der anhaltende Druck auf die Baukosten bzw. Baupreise ließ auch im Frühjahr 2023 wenig Raum für eine Erholung des Bauwesens. Die realen Bauinvestitionen entwickelten sich wie bereits in den beiden Vorquartalen weiter rückläufig. Getragen wurde die Wachstumsschwäche im I. Quartal 2023 vor allem vom Wohnbau, der gegenüber dem Vorjahr um 5,4 Prozent sank. Auch die Dynamik der nominellen Bauproduktion verlangsamte sich im Durchschnitt von +9,9 Prozent auf +8,4 Prozent. Während die Südregion (Steiermark und Kärnten) besonders hohe Wachstumsraten der abgesetzten Produktion verzeichnete, wiesen Wien, Vorarlberg und das Burgenland bereits sehr geringe Zuwächse oder sogar Rückgänge der nominellen Bauproduktion auf. Die WIFO-Schnellschätzung zur Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und der WIFO-Konjunkturtest vom Juli 2023 deuten auf eine Fortsetzung der schwachen Baukonjunktur im Jahr 2023 hin.

Wintertourismus übertrifft Erwartungen

Die Tourismusnachfrage im Winter 2022/23 war von den Preissteigerungen weniger betroffen als zu Saisonbeginn befürchtet. Mit 69,3 Mio. Nächtigungen von November 2022 bis April 2023 erzielte der Wintertourismus nicht nur das beste Ergebnis seit der COVID-19-Krise, sondern konnte auch den Rückstand auf das Rekordergebnis des Winters vor der Krise deutlich verrin­gern. Diese erfreuliche Gesamtentwicklung zeigt sich auch in den regionalen Nächtigungsbi­lanzen. Wien sticht mit einem Anstieg bei den Nächtigungen von 107,2 Prozent im I. Quartal 2023 her­vor, verzeichnet allerdings mit –9,0 Prozent noch den größten Aufholbedarf zum Vorkrisenniveau. Mit zweistelligen Nächtigungszuwächsen waren auch alle anderen Bundesländer weiterhin von Aufholeffekten nach der Pandemie geprägt. Aktuelle Gästebefragungen lassen auch für die Sommersaison 2023 eine robuste Tourismusnachfrage erwarten, jedoch mit gewisser Tendenz zur Sparsamkeit vor allem bei der inländischen Bevölkerung.

Arbeitslosigkeit erstmals wieder gestiegen

Die Stagnation der österreichischen Volkswirtschaft spiegelt sich auch auf dem Arbeitsmarkt wider. Das Beschäftigungswachstum war im Vergleich zum Vorjahr im II. Quartal 2023 zwar noch leicht positiv, verlor aber in allen Bundesländern an Dynamik. Im I. Quartal 2023 stieg die Arbeitslosigkeit erstmals seit Jahresbeginn 2021 wieder in zwei Bundesländern (Steiermark und Salzburg), im darauffolgenden Quartal sind sogar alle Bundesländer, mit Ausnahme von Nie­derösterreich, von einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen betroffen. Die Dynamik des Arbeits­kräfteangebots blieb im Bundesdurchschnitt robust, zeigt aber deutliche regionale Unter­schiede. In Westösterreich verringerte sich das Wachstum vom I. auf das II. Quartal, während es in Wien überdurchschnittlich zunahm.