Nach den starken Kurszuwächsen in den vergangenen Jahren entwickelten sich die Kurse von Umwelt- und Erneuerbare-Energien-Aktien im bisherigen Jahr schwach. Was sind die Gründe dafür?
Die positive Performance im breiten Aktienmarkt wurde vor allem von den großen US-Techaktien rund um Apple, Microsoft, Meta, Nvidia, usw. getrieben (siehe Chart, Anm.). Gleichzeitig entwickelten sich Papiere aus dem Bereich der erneuerbaren Energien oder generell aus dem Umwelt-Sektor weniger gut. Diese Unternehmen sind meistens noch relativ jung und klein, weisen aber sehr starke Wachstumsraten auf und benötigen dafür auch Kapital. Der Hauptgrund für die negative Entwicklung ist die geänderte Zinspolitik der Notenbanken. Diese setzt kleineren Firmen deutlich stärker zu als großen, etablierten Konzernen.

Warum trifft das höhere Zinsniveau klein- und mittelkapitalisierte Unternehmen stärker?
Unternehmen dieser Größe finanzieren sich zum Großteil nicht über den Kapitalmarkt, also über fixverzinste Anleihen, sondern über variabel verzinste Bankdarlehen. Steigen die Zinsen in so einem Ausmaß und solch einer Geschwindigkeit wie in den vergangenen beiden Jahren, wirkt sich das bei den Unternehmen in Form von höheren Finanzierungs- und Zinskosten aus.

Wie schlug sich der ERSTE WWF STOCK ENVIRONMENT in diesem schwierigen Umfeld?
Die bisher schwache Jahresbilanz bei Umweltaktien hat sich auch auf die Performance des ERSTE WWF STOCK ENVIRONMENT negativ ausgewirkt. Der Fonds verfolgt die Strategie einen messbaren, positiven Nutzen für die Umwelt zu erzielen und investiert in zahlreiche sogenannte „Pure Plays“ aus dem Umwelt- und Erneuerbare-Energien-Bereich. Dabei handelt es sich meist um klein- bzw. mittelkapitalisierte Unternehmen, also Firmen die mit Blick auf die Marktkapitalisierung bei weitem kleiner sind als die großen Tech-Konzerne. Die Kurse dieser sogenannten Small- und Mid-Caps haben daher unter der Zinswende besonders stark gelitten.
Trotz der bisher negativen Jahresperformance des ERSTE WWF STOCK ENVIRONMENT, bleibt der Blick auf den langfristigen Kurschart ein sehr positiver. Über die empfohlene Mindesbehaltedauer von 6 Jahren hat sich der Fonds in den vergangenen Jahren regelmäßig gut entwickelt und dabei immer zumindest eine Rendite von 6,25% p.a.

Was macht Sie trotzdem optimistisch für die weitere Entwicklung bei Umweltaktien?
Einerseits bleiben die Themen und Trends, in die wir mit dem ERSTE WWF STOCK ENVIRONMENT investieren, weiterhin bestehen. Mit Blick auf die immer öfter vorkommenden Trocken- und Dürreperioden wird es Lösungen für die Wasseraufbereitung und -versorgung brauchen, um nur ein Beispiel zu nennen. Aber auch Themen wie Recycling und Kreislaufwirtschaft gewinnen immer stärker an Bedeutung, nicht zuletzt aufgrund des Wettlaufs um begrenzte Ressourcen. Vor allem aber die Megatrends Erneuerbare Energien und Elektromobilität bleiben unabhängig von der Marktlage bestehen und werden sich trotz bereits aktuell hoher Wachstumsraten in den nächsten Jahren sogar noch beschleunigen.
Einerseits, weil an diesen Technologien, will man dem Klimawandel entgegenwirken und von den fossilen Energieträgern wegkommen, kein Weg vorbei führt. Andererseits weil Erneuerbare Energien in den meisten Teilen der Welt mittlerweile die günstigsten Formen der Stromerzeugung darstellen und auch Elektroautos zunehmend „die Verbrenner“ bei den Gesamtkosten (Anschaffung und Nutzung) überholen.
Man kann zudem weiterhin mit Rückenwind durch die politischen Förderpakete (Inflation Reduction Act in den USA und RePowerEU in der Europäischen Union, Anm.) rechnen. Mit der Umsetzung dieser Pakete wird gerade erst begonnen – doch es ist schon jetzt absehbar, dass erneuerbare Energien und alle damit zusammenhängende Themen langfristig davon profitieren werden.
Wie stehen die Vorzeichen für das restliche Jahr?
Rückenwind kommt aktuell von den deutlich gesunkenen Preisen für Solarmodule. Gegenüber dem Vorjahr haben sich diese nahezu halbiert und neue Tiefstände erreicht – der Preisrückgang in den vergangenen 10 Jahren liegt bei mehr als 80%. Für Unternehmen, die diese Module herstellen ist das natürlich eine negative Entwicklung, warum wir im Fonds auch versuchen diese Firmen zu meiden. Für andere Teile der Wertschöpfungskette und Unternehmen, die dort aktiv sind, ist das jedoch extrem attraktiv.
Auch die Frachtkosten sind mittlerweile wieder auf das Niveau von vor der Covid-Krise zurückgekehrt. Vor dem Hintergrund, dass nach wie vor 80 bis 90% der Solarmodule aus China bezogen werden, sind diese Kosten ein wesentlicher Faktor. Die Kombination aus halbierten Preisen und wieder normalisierten Transportkosten führt dazu, dass Unternehmen die Module installieren oder Solarkraftwerke errichten, stark profitieren.
Wie sieht es mit dem Bewertungsniveau im Sektor aus? Sehen wir aktuell möglicherweise attraktive Einstiegsniveaus?
Die angesprochenen positiven Faktoren spiegeln sich in den Kursen bisher nicht wider – sehr wohl allerdings in den Bewertungen. Mittlerweile ist der S&P Global Clean Energy Index, ein breiter Aktienindex der das Thema erneuerbare Energien abdeckt, gegenüber dem MSCI World Index, also dem breiten Aktienmarkt, deutlich günstiger bewertet. So liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von ersterem aktuell bei 16,9 während der MSCI World ein KGV von 20 aufweist.
Die PEG-Ratio (Price-Earnings-Growth-Ratio, Verhältnis von Kurs und Gewinnwachstum, Anm.), die auch das Gewinnwachstum in die Beurteilung eines Investments mit einbezieht, liegt bei 0,64 gegenüber 1,8 beim MSCI World. (Eine Daumenregel besagt: alles unter 1 ist günstig, alles über 1 ist teuer, Anm.). Gemessen an diesem Indikator sind Erneuerbare-Aktien im Vergleich zum Gesamtmarkt mit rund einem Drittel, also schon durchaus attraktiv, bewertet.
Fazit
Aktien aus dem Umweltsektor mussten vor dem Hintergrund der globalen Zinswende deutliche Kursverluste wegstecken. Auch der ERSTE WWF STOCK ENVIRONMENT blieb von dieser Entwicklung nicht verschont. Gleichzeitig spricht einiges dafür, dass Themen wie erneuerbare Energien weiterhin langfristige Investitionsmöglichkeiten bieten. Positive Faktoren wie die geringeren Preise für Solarmodule spiegeln sich zwar noch nicht in den Kursen wider, dafür aber in den Bewertungen. Gegenüber dem breiten Aktienmarkt sind Papiere aus dem Umweltsektor mittlerweile deutlich günstiger bewertet – für Anleger:innen könnten sich also attraktive Einstiegsmöglichkeiten bieten.
Der Autor Philipp Marchhart ist Communications Specialist bei Erste Asset Management.
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